21 bildungspolitische Thesen des MKV
Präsentiert im Rahmen des Pennälertages 2004

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21 bildungspolitische Thesen des MKV
für das 21. Jahrhundert

INHALT

1. Wertorientierte Ausbildung
2. Soziale Kompetenz
3. Neue Medien
4. Effiziente Schulverwaltung
5. Chancengleichheit
6. Verstärkter Fremdsprachenunterricht
7. Nachvollziehbare Leistungsbeurteilung
8. Matura - NEU
9. School Counselor
10. Freiwillige Nachmittagsbetreuung
11. Schulpräsidium
12. Qualitätssicherung
13. Weiterbildungspass
14. Leistungsstandards
15. Klassenvorstandsstunde
16. Einsemestrige Maturaklasse
17. Berufsorientierung
18. Bessere Kommunikation
19. Schulleiterakademie
20. Ethikunterricht
21. Humanismus als Europafach


1. Wertorientierte Ausbildung
Jeder Mensch braucht Werte und Ideale für seinen Lebensweg. Wir als MKV möchten gerade für diese „Herzensbildung" eintreten. Manche Bildungsreformer haben versucht Eigenschaften wie Ordnung, Fleiß oder Pünktlichkeit als „Sekundärtugenden" abzutun, doch gerade diese Tugenden sind heute besonders wichtig. Junge Menschen brauchen Regeln und Grundsätze, an denen sie ihr Leben ausrichten können, die Schule stellt hierbei einen wichtigen Faktor dar, und darf sich dieser Verantwortung nicht entziehen.

2. Soziale Kompetenz
Das österreichische Bildungssystem schenkt „Soft Skills" wie, emotionaler Intelligenz, rhetorischen Fähigkeiten, Präsentationstechnik, Kommunikation in der Gruppe, Teamwork, Konfliktlösungskompetenz und kreatives Denken, welche in der Wirtschaft zu den Basisfähigkeiten gehören, im Unterricht immer noch zu wenig Beachtung. Lernziele müssen vermehrt von Arbeitsgruppen erarbeitet und auf konkrete Fragen angewendet werden. Praxisnähe muss hierbei Priorität haben.

3. Neue Medien
Der Umgang mit den „Neuen Medien" ist die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Es geht darum, den Umgang mit „Neuen Medien" zu erlernen. Die Herausforderung liegt darin, aus der Fülle der Informationen die einem das Internet bietet, Wesentliches herauszubekommen und Information zu sammeln und zu vernetzen. Wichtige Informationen von unwichtigen zu unterscheiden und die diese richtig zu verarbeiten wird für Schüler zunehmend schwerer. Dies muss auch in der Lehrerausbildung berücksichtigt werden.

4. Effiziente Schulverwaltung
Schulverwaltung funktioniert dort effizient, wo sie nah am Schüler ist. Alle Ausführungskompetenzen der Bildungspolitik müssen im Land gebündelt sein, und Doppelgleisigkeiten beseitigt werden. Das darf aber nicht heißen, dass der Bund den Ländern zwar Föderalismus zugesteht, die finanziellen Mittel jedoch einbehält.
Auch die Schulen selbst müssen mehr Autonomie erhalten. Die konkrete Umsetzung ist mit den Schulpartnern zu erarbeiten. 
Bei all diesen Bemühungen darf der Umstand nicht außer Acht gelassen werden, dass Bildung und deren Finanzierung ureigene Aufgaben des Staates sind und auch bleiben sollen. Privatschulen beleben zwar den Markt, öffentlichen Bildungseinrichtungen müssen aber vom Staat die notwendigen Ressourcen zugestanden werden, um den Wettbewerb mit Privaten nicht fürchten zu müssen.

5. Chancengleichheit
Egal welchen Bildungsweg wir einschlagen, er darf nie eine Sackgasse sein. Kein Abschluss einer Bildungseinrichtung darf die Türen zu anderen Bildungsinstitutionen versperren. Wir treten für eine stärkere Förderung der Berufsreifeprüfung und der Studienberechtigungsprüfung ein und fordern in diesem Zusammenhang für Chancengleichheit zwischen allen diesen Bildungswegen zu sorgen.

6. Verstärkter Fremdsprachenunterricht
Sprachen sind in einem zusammenwachsenden Europa der Grundstein der Völkerverständigung. Verstärkter Fremdsprachenunterricht in den Volksschulen gehört ebenso dazu wie die Verbesserung des Angebots lebender Fremdsprachen an höheren Schulen. Hierbei darf auch auf Sprachen unserer direkten Nachbarn nicht vergessen werden. Sprache soll aber nicht nur erlernt, sondern vor allem aktiv angewendet werden. Wir denken hierbei an bilingualen Unterricht auch in anderen Fächern (z.B. der Unterricht von Informatik in Englisch) und eine Schwerpunktsetzung auf Konversation im Sprachunterricht. 
Weiters muss man darum bemüht sein internationale Schul- und Universitätsabschlüsse europaweit vergleichbar zu machen.

7. Nachvollziehbare Leistungsbeurteilung
Beurteilung muss nachvollziehbar und verständlich sein. Lernziele müssen gemeinsam definiert werden. Die Note allein sagt wenig über die Fähigkeiten eines zu Beurteilenden aus. Weiters sollte es für alle Schüler eine Leistungsmappe geben, in der Freigegenstände, durchgeführte Projekte, ehrenamtliches Engagement aber auch außerschulische Fortbildungen vermerkt werden.

8. Matura - NEU
Ein Schritt zur Verbesserung der AHS- Reifeprüfung wäre die Einführung einer verpflichtenden Fachbereichsarbeit (FBA). Selbstständiges, professionelles Arbeiten ist nicht nur eine Voraussetzung für die universitäre Ausbildung, sondern ist auch in der Wirtschaft essenziell.

9. School Counselor
Jede Schule hat einen Schularzt, doch wer hilft Schülern als auch Lehrern bei seelischen Problemen? 
In vielen Ländern dieser Welt gibt es dafür einen „School Counselor", als Ansprechperson und Mediator. Wir fordern, dieses System auch für österreich. 
Der Ausbau des Vertrauenslehrer-Systems und der schulpsychologischen Beratung soll dem Schüler Stütze und Rettungsanker sein.

10. Freiwillige Nachmittagsbetreuung
Für uns als wertorientierter Verband ist es unverzichtbar, dass Erziehung durch die Eltern zu erfolgen hat. Wir fordern ein flächendeckendes Angebot von Nachmittagsbetreuungseinrichtungen an den Schulen. Dieses Betreuungssystem muss aber flexibel und freiwillig sein. Statt allein zu Hause vor dem Fernseher zu sitzen sollen die Kinder die Möglichkeit haben, mit Freunden und Betreuern gemeinsam Hausaufgaben zu lösen und sich auf den Unterricht der nächsten Tage vorzubereiten. Auch Freizeit, Sport und Musik sollen hierbei nicht zu kurz kommen.

11. Schulpräsidium
Mehr Aufgaben und Entscheidungskompetenzen verlangen auch nach einer neuen Form der schulischen Demokratie. Ab einer bestimmten Schulgröße könnten wir uns ein „Schulpräsidium" als leitendes Organ der Schule vorstellen. Dieses sollte aus zwei Vizedirektoren, die aus dem Lehrkörper gewählt werden, dem Administrator und dem Direktor bestehen. Zusätzlich sollten in BMHS (z. B. HTL) die Abteilungsvorstände hinzugezogen werden. Im Sinne der Schulpartnerschaft haben auch die Schulsprecher das Recht an Schulpräsidiumssitzungen teilzunehmen. 
Der Schulgemeinschaftsausschuss (SGA) soll jedoch wie bisher mittels seiner Beschlüsse über die Zukunft der Schule entscheiden.

12. Qualitätssicherung
Die Qualität der Lehrerinnen und Lehrer prägt die Qualität der Schule und der Bildung: Der Aus- und Weiterbildung der Lehrer/innen kommt daher entscheidende Bedeutung zu. Es gilt, die richtigen Persönlichkeiten zur Entscheidung zum Lehrberuf zu bewegen, eine professionelle, sowohl praxisnahe wie akademische Erstausbildung zu bieten und für eine nachhaltige Fort- und Weiterbildung zu sorgen.
Alle Lehrer, egal ob für Pflichtschulen oder für höhere Schulen, sollen eine gemeinsame pädagogische Grundausbildung bekommen. Weiters ist uns wichtig, früher (ab dem 3. Studiensemester) den Kontakt zwischen Lehramtskandidaten und Schülern herzustellen, um die werdenden Lehrer früher und besser auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Hierbei sollte man vor allem auf die Erfahrungen der Pädagogischen Akademien zurückgreifen.
Ein neues System der Lehrerbesoldung soll zu einer Neuverteilung des Lebensgehaltes führen und leistungsorientierte Komponenten enthalten.

13. Weiterbildungspass
Die Lehrertätigkeit sollte sowohl innerhalb des Schulwesens unterschiedliche Ausprägungen aufweisen können (Unterricht, Projektarbeit, Entwicklung, ...) als auch mit außerschulischen Einsatzbereichen verknüpft sein, um Entwicklungen der Gesellschafts- und Arbeitswelt reagieren zu können. Um dies sicherzustellen, bedarf es einer regelmäßigen Fort/ Weiterbildung unserer Pädagogen. Ein Weiterbildungspass soll die verpflichtende Fortbildung der Lehrer dokumentieren.

14. Leistungsstandards
Wir fordern regelmäßige Studien und Qualitätsvergleiche innerhalb österreichs um etwaige Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Die Studien sollen anhand der bundesweit normierten Lernziele durchgeführt werden. Wir wünschen uns diese Studien an drei markanten Punkten im Leben eines Schülers: Ende 4. Schulstufe, Ende 8. Schulstufe und Maturaklasse. Durch diese Maßnahme sollen die österreichischen Schulabschlüsse vergleichbar und objektiv werden.

15. Klassenvorstandsstunde
Ein Klassenvorstand hat eine wichtige Rolle in der Klassengemeinschaft. Er sollte stärker als zentrale Ansprechperson der Klasse und Mediator der Gruppe gesehen werden. Dafür ist im Stundenplan eine Klassenvorstandsstunde zu verankern, um 
das Fach des Klassenvorstandes nicht zu sehr mit diesen Aufgaben zu belasten.

16. Einsemestrige Maturaklasse
Die Matura ist sowohl für Lehrer als auch für Schüler eine enorme zeitliche Belastung. Einerseits muss man im zweiten Semester die achte Klasse abschließen, andererseits schreibt man an 3-4 Spezialgebieten, vielleicht auch an einer Fachbereichsarbeit (FBA). Unter enormem Stress zu arbeiten birgt die Gefahr, dass die Qualität leidet. Geben wir unseren Schülern die Zeit, die sie brauchen, sich auf eine Matura mit hoher Qualität vorzubereiten. Wir fordern daher, dass die Maturaklasse an sich mit dem ersten Semester abgeschlossen wird, so wie es einige erfolgreiche Schulversuche schon vormachen. Das gesamte zweite Semester soll der Vorbereitung auf die Matura dienen.

17. Berufsorientierung
Mangelnde Bildungsberatung hat gravierende Folgen: Stresssituationen entstehen, Studien müssen gewechselt werden. Jede Bildungseinrichtung muss ihren Schülern Zeit zur Berufsorientierung einräumen.

18. Bessere Kommunikation
Als Teil der Schulpartnerschaft (Eltern/Lehrer/Schüler) ist die Lehrerschaft auf dem Laufenden zu halten, was in der Schule passiert. Sie ist in Entscheidungsprozesse der Schulleitung einzubinden. Regelmäßige Lehrermeetings sollen zum besseren Verständnis für Anliegen von Kollegen führen.

19. Schulleiterakademie
Ein Schulleiter hat verantwortungsvolle Aufgaben. Dafür soll er eine bessere Ausbildung bekommen. Die schon jetzt angebotenen Kurse des Pädagogischen Instituts (PI) sollen gebündelt und erweitert werden. Unsere Vision ist, dass jeder potenzielle Schulleiter einen Lehrgang an einer Schulleiterakademie absolviert, bevor er sich an einer Schule als Leiter bewerben kann.

20. Ethikunterricht
Wir als katholischer Verband bekennen uns zum verpflichtenden Religionsunterricht in allen Schulbereichen. Dabei haben vor allem die christlichen Religionen für unseren Kulturbereich eine prägende Rolle. Respekt gegenüber anderen Religionsbekenntnissen muss aber auch in der Schule gelebt werden. Ein Abmelden von der für viele Schüler einzigen Möglichkeit der Auseinandersetzung mit Werten darf es unserer Meinung nach in Zukunft nicht mehr geben. 
Jene Schüler, die sich vom Religionsunterricht abmelden, haben einen nichtkonfessionellen Ethikunterricht zu besuchen.

21. Humanismus als Europafach
Weitblick und Allgemeinwissen, Humanismus und Geschichtswissen sind die Grundlagen eines zusammenwachsenden Europas.
Im übrigen sind wir der festen überzeugung, dass ein reformierter Lateinunterricht mit europäischem Schwerpunkt Zukunft hat. Nicht nur Latein als Sprache, auch die Kultur und das Wissen im Römischen Weltreich haben die Entwicklung Europas nachträglich beeinflusst. Aus diesem Grund eignet es sich unserer Meinung nach besonders gut, als "Europafach" unterrichtet zu werden. Mit der bewussten Schwerpunktsetzung auf europäische Zusammenarbeit kann uns ein wichtiger Schritt zur Festigung des europäischen Gedankens bei den Jugendlichen gelingen. Aus diesem Grund sieht der MKV Latein keinesfalls als veraltet, sondern vielmehr als wichtige Chance für die Zukunft in einem gemeinsamen Europa.

(29.6.2004)

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www.mkv.at

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