Im Interview:
Der neue Kartellvorsitzende Helmut Schmitt v. Siegfried
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CLF-Archiv:
"Keiner, der ruhig sitzen kann"
Helmut Schmitt v. Siegfried, ADW, ist seit 1. Juli Kartellvorsitzender.
der CLUnier sprach mit dem neuen Mann an der Spitze des MKV.
CLUnier: Bitte beschreibe kurz dein bisheriges couleurstudentisches
Leben.
Siegfried: Mein Vater war Gründungsfuchs bei der Austro-Danubia Wien,
da war es nur selbstverständlich, dass ich 1964 ebenfalls dort rezipiert
wurde. Bis auf den Kassier habe ich alle Chargen gemacht, Anfang der 70er-Jahre
haben wir der Vindobona I in einer schwierigen Zeit geholfen, weshalb
ich dann auch ihr Band bekommen habe. Später war ich auch an der Gründung
der Sonnberg Perchtoldsdorf beteiligt. Ich war Philisterconsenior im Wiener
Stadtverband, und schließlich hat mich der Kartellvorsitzende Hans-Walther
Kaluza v. Caesar als Kartellorganistionsreferent berufen. Dieses Amt hatte
ich dann nochmals unter Helmut Puchebner v. Herkules inne. Als es zur
Gründung des EKV kam, war ich ebenfalls Organisationsreferent, es gab
damals die „Arbeitsgemeinschaft österreichischer Studententag“, heute
als EKV Austria bekannt. Meine erste große Aufgabe als Organisationsreferent
war es, die „40 Jahre MKV“-Feier gut über die Bühne zu bringen.
Aus beruflichen und privaten Gründen habe ich mich dann nach und nach
aus dem aktiven Couleurleben zurückgezogen. Ich habe zunächst im Bautenministerium
gearbeitet und habe dann in die Privatwirtschaft gewechselt. Seit 1975
habe ich auch eine Familie.
CLUnier: Du hast auch schon früher im MKV-Marketing mitgemischt.
Siegfried: Das wissen vielleicht nur wenige: Kurz vor meinem Amtsantritt
wollte der MKV ein neues Logo und hat einen Wettbewerb ausgeschrieben.
Ich war einer von rund 40 Teilnehmern und habe das orange MKV-Sechseck
entworfen. Damit habe ich dann auch gewonnen. Der Preis wurde mir am Pennälertag
in Wels übergeben - zusammen mit dem Amt des Organisationsreferenten.
CLUnier: Was bewegt jemanden, Kartellvorsitzender zu werden anstatt
den wohlverdienten Ruhestand zu genießen?
Siegfried: Ich bin grundsätzlich jemand, der sich gerne engagiert.
Nachdem ich nach Breitenfurt gezogen bin und der Weg zur Verbindung etwas
weit war, war ich im Gemeinderat tätig. Ich habe außerdem die Gemeindeparteizeitung
herausgebracht, die zwei oder drei mal als bestes niederösterreichisches
Lokalblatt ausgezeichnet worden ist. Mit großem Erfolg war ich auch als
Wahlkampfleiter aktiv. In der Pfarre war ich stellvertretender Obmann
des Pfarrgemeinderats. Ich habe auch noch andere Projekte laufen, zum
Beispiel schreibe ich im Moment an zwei gemeinde- bzw. kunstgeschichtlichen
Büchern. Ich möchte einfach etwas tun, was mich ausfüllt. Deshalb und
weil ich MKVer mit Herz und Seele bin, habe ich letztlich auch für den
Kartellvorsitz kandidiert. Natürlich spielt auch der Reiz der Herausforderung
eine Rolle. Ich bin halt keiner, der ruhig sitzen kann und sich nur der
Rasenpflege widmet.
CLUnier: Bitte charakterisiere dich mit drei Eigenschaften.
Siegfried: Ich bin auf jeden Fall ein Perfektionist. Ich bin auch
einer, der den Ausgleich sucht, also durchaus harmoniebedürftig ist. Drittens
bin ich aber auch einer, der manchmal polarisiert. Allerdings tut es mir
weh, wenn das passiert, deshalb versuche ich immer auch auszugleichen.
CLUnier: Welche thematischen Schwerpunkte willst du in deiner Arbeit
setzen? Oder anders gefragt: Wo steht der MKV heute, wo soll er in drei
Jahren stehen?
Siegfried: Ich habe auf unserer ersten Verbandsführungssitzung Vorstellungen
für ein Arbeitsprogramm präsentiert und allen Mitarbeitern und Landesvorsitzenden
zur Verfügung gestellt. Bevor ich Genaueres dazu sage, möchte ich es auf
einer Klausur Ende Augut, Anfang September vertiefen und im Herbst offiziell
dem Kartellrat vorlegen. Ich bitte um Verständnis, dass wir das vorerst
intern beraten wollen und erst nach Fertigstellung an die öffentlichkeit
gehen.
CLUnier: Wie kann die Wahrnehmung des MKV in der öffentlichkeit verbessert
werden?
Siegfried: Unsere öffentlichkeitsarbeit muss sicher eine andere Qualität
bekommen. Sie ist derzeit auf mehrere Referenten aufgeteilt. Wir haben
zum Beispiel einen gesellschaftspolitischen Referenten, einen für Kommunikation,
einen für das Internet und den couleur-Chefredakteur. Zum einen werden
wir diese Struktur wo nötig verändern. Zum anderen müssen wir im Verband
zu einer „anderen Loyalität“ finden. Wenn heute ein Thema aktuell ist,
muss es gewöhnlich von der Basis bis zur Spitze durchdiskutiert werden.
Bis wir eine Resolution auf der Kartellversammlung haben, ist das Schnee
von gestern und interessiert kein Medium mehr. Der Kartellvorsitzende
muss so viel Loyalität genießen, dass er sich zu aktuellen Themen schnell
äußern kann. In heiklen Fragen wird er mit den Landesvorsitzenden Rücksprache
halten müssen, aber die Kommunikation nach außen darf nicht durch schwerfällige
interne Strukturen behindert oder verhindert werden. Es ist ja nicht so,
dass ihr einen Vorsitzenden gewählt habt, bei dem man Angst haben muss,
dass er Meinungen vertritt, die der Verband nicht vertritt! Natürlich
wird es nicht möglich sein, alle Meinungen im MKV immer auf einen Nenner
zu bringen, aber der Kartellvorsitzende muss als Sprecher des Verbandes
akzeptiert werden, und der Verband muss dann auch dahinter stehen. Sonst
werden wir in der öffentlichkeit überhaupt nicht mehr präsent sein.
CLUnier: Was sagst du zu den Diskussionen ums couleur? In den letzten
Monaten war ja sogar von Abschaffung die Rede.
Siegfried: Ich stehe voll und ganz zum couleur. Solange ich Kartellvorsitzender
bin, werde ich alles unternehmen, dass unsere Verbandszeitschrift eine
gesunde wirtschaftliche Basis hat.
CLUnier: Der CLUnier hat im letzten Jahr eine Umfrage gemacht, wie
die MKVer ihren Verband und seine Zukunft sehen. Dabei wurde unter anderem
eine öffnung des MKV für Frauen und nicht-katholische Christen und auch
eine Neudefinition des patria-Begriffs im Hinblick auf Europa gefordert.
Andere meinen, der MKV komme seiner Aufgabe als gesellschaftpolitischer
Akteur viel zu wenig nach und beschäftige sich zu sehr mit sich selbst
und der Brauchtumspflege. Was ist deine Antwort darauf?
Siegfried: Natürlich ist der Verband auch in seinen Traditionen verwurzelt,
ich hänge dieser Tradition auch an. Wir dürfen uns der modernen Zeit aber
nicht verschließen. Wir müssen diese beiden Ziele so unter einen Hut bringen,
dass es der MKV aushält. Dazu gehört die geplante MKV-Strukturreform mit
einer schlankeren Organisation und einer höheren Reagibilität für alle
unsere Ansprechpartner.
CLUnier: Welchen zeitlichen Horizont hast du dafür vor Augen?
Siegfried: Das kann ich so nicht beantworten. Ich muss mir erst ansehen,
was in der Vergangenheit bereits zu diesem Thema diskutiert wurde, und
ich möchte das auch erst auf dem Kartellrat besprechen. Hier wird auch
viel verbandsinterne Diskussion notwendig sein. Mein Wunsch ist, dass
wir innerhalb meiner Amtsperiode zu brauchbaren Ergebnissen kommen.
CLUnier: Wie sieht deine Vision für den MKV aus?
Siegfried: Ich möchte die Verbindungen und die Landesverbände wachrütteln,
damit aus dem MKV wieder etwas entsteht. Ich kann das aber nicht isoliert
als Verbandsführung, ich kann nicht alleine Gesellschaftspolitik machen,
das muss aus den Verbindungen kommen! Ich möchte zum Beispiel gerne erreichen,
dass wir auf der Kartellführungsschule in Zukunft doppelt so viele Teilnehmer
haben wie jetzt. Ich würde mir wünschen, dass man nicht zur KFS fährt,
weil man gerade keinen anderen Termin im Sommer hat, sondern dass es wieder
als etwas Besonderes wahrgenommen wird, an der KFS teilzunehmen und dass
die Begeisterung wieder kommt.
CLUnier: In einem Beitrag unserer Umfrage wurde ein „Think Tank“ der
besten Köpfe für den MKV vorgeschlagen. Was hältst du von dieser Idee?
Siegfried: Ich möchte mich vor allem bemühen, junge Leute in die Verbandsführung
zu bekommen. Ich glaube, dass die Jugend begeisterungsfähig ist und der
MKV für sie eine gute Chance bietet. Diese Chance will ich ihr in der
Verbandsführung geben.
CLUnier: Welche Botschaft hast du an die Jugend?
Siegfried: Ich möchte unsere Aktiven aufrütteln, denn sie sind der
Mittelpunkt des Verbandes. Aufgabe der Altherrenschaft ist es nur zu begleiten,
nicht zu sagen, wo es lang geht. Geben wir den Jungen die Verantwortung
und die Bedeutung, die ihnen zusteht. Der MKV ist euer Verband!
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